Smart Roads

Datenstraße statt Schlaglochpiste

Von Claudia Harbinger · 2016

Das Verkehrsaufkommen wächst stetig. Als Exportnation in der Mitte Europas braucht Deutschland gute Verkehrswege, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch der Investitionsbedarf ist immens und die Herausforderungen sind vielfältig: Straßen müssen heute sicher und umweltverträglich sein und dabei wirtschaftlich und smart. Zukunftsfähiger Straßenbau nutzt Vorteile der Digitalisierung und moderne Technologien.

Auto fährt bei Nacht
Moderne Verkehrswege funktionieren auch dank Datentransfers.

Mehr als 230.000 Kilometer ist das überörtliche Straßennetz in Deutschland lang. Rund 12.900 Kilometer davon sind Autobahnen und 38.900 Kilometer Bundestraßen – zusammen ergeben sie eines der dichtesten Fernstraßennetze Europas. Ein großer Teil aller Fahrleistungen wird darauf abgewickelt. Für Bau, Erhalt, Modernisierung und Betrieb der Bundesfernstraßen stellt der Bund in 2016 über sieben Milliarden Euro zur Verfügung. Denn Schlaglöcher, unbefahrbare Brücken und mangelhafte Digitalisierung zählen zu den großen Baustellen in der öffentlichen Infrastruktur. Nicht immer liegt es allein an den Finanzen: Ein Teil der Bundesländer und Kommunen braucht zu lange, um Mittel aus dem Bundeshaushalt abzurufen und Investitionen zu tätigen Die Länder verwehren sich bisher gegen den Vorschlag, die Planung für Bau und Erhalt der Autobahnen bei einer neu zu gründenden Bundesautobahnbehörde anzusiedeln. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband fordert eine bessere Auftrags- und Umsetzungsverwaltung, um den „Hauptverkehrsträger Straße“ zu ertüchtigen. Auch wenn andere Transportmittel wie Bahn, Flugzeug oder Schiff genutzt werden, sind Straßen immer der Zubringer. Weil die alten Verfahren zu teuer und aufwendig sind, entwickeln Baufirmen und Wissenschaftler neue Technologien. Fahrbahnen sollen repariert und Brücken saniert werden können, ohne dass diese komplett abgerissen werden müssen. Neben dem Erhalt und Bau geht es angesichts finanzieller und ökologischer Überlegungen jedoch verstärkt darum, vorhandene Straßen möglichst optimal zu nutzen. Hier bietet die fortschreitende Digitalisierung mit den so genannten intelligenten Verkehrsnetzen neue Lösungsansätze.

Besserer Verkehrsfluss

Das Ziel: Auf bestehenden Straßen soll der Verkehr trotz wachsender Dichte besser rollen und der Transport von Menschen und Gütern sicherer und effizienter werden. Ein optimierter Verkehrsfluss reduziert zudem den Schadstoffausstoß. Für die Wirtschaft würde ein flüssigerer Straßenverkehr weniger Zeit- und Kraftstoffverbrauch bei Transporten bedeuten – und damit jährlich Einsparungen in Milliardenhöhe. Aber wie wird eine Straße intelligent? Ein großer Nutzen kann erzielt werden, wenn Menschen, Fahrzeuge und Infrastruktur sich miteinander vernetzen und Informationen austauschen. Das erfolgt beispielsweise mittels funkbasierter und sensorengestützter Kommunikation. Ein Auto, dass zwei Kilometer weiter vorne fährt, kann so nachfolgenden Fahrzeugen übermitteln, was auf der Strecke zu erwarten ist. Ampelschaltungen und Verkehrsleitsysteme können den Verkehrsfluss je nach Fahrzeugaufkommen steuern. Die Verkehrsteilnehmer werden rechtzeitig über die aktuelle Situation – zum Beispiel Stau, Unfall, Gefahrenlage – und zugleich über verfügbare Fahrspuren und mögliche Ausweichstrecken informiert. Hinzu kommen weitere Mobilitäts-, Geo- und Wetterdaten, die die Streckenplanung erleichtern. Mit Blick auf die Umwelt kann Elektrofahrzeugen auf für sie reservierten Fahrspuren Vorrang gewährt werden. Je nach den aktuell gemessenen Feinstaub- und CO₂-Werten können Umweltzonen eingerichtet werden. Die neue Technik macht es zudem möglich, Maut-Systeme an Tageszeiten und Verkehrslage anzupassen.

Effizienter Warentransport

Logistik und Güterverkehr sind der drittgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Für die Wirtschaft ist ein reibungsloser Warenaustausch von essenzieller Bedeutung. Eine papierlose Zollwertanmeldung, bei der die notwendigen Daten digital und vielleicht sogar direkt aus dem Laderaum des LKW übermittelt werden, spart Zeit und macht Taschen voller Ein- und Ausfuhrdokumente überflüssig. Mithilfe des sogenannten Platooning sind „Elefantenrennen“ – LKW, die sich auf der Autobahn gegenseitig überholen und PKW-Fahrer in den Wahnsinn treiben – nicht mehr notwendig. Mehrere LKW, die die gleiche Strecke zurücklegen, fahren Kolonne. Mit automatisierten Systemen, die Abstand und Geschwindigkeit regeln, werden der Energieverbrauch der Fahrzeuge und der Stress der einzelnen Fahrer reduziert. Zugleich erhöht sich die Sicherheit auch für die anderen Autos auf der Strecke.

Smart Roads und schlaue Autos

Künftig denken die Fahrzeuge mit. „Wir stehen an einer Zeitenwende. Es werden immer klügere Autos gebaut, die in spätestens zehn bis 15 Jahren ohne Eingreifen der Passagiere fahren können“, sagt Klaus Bogenberger, Professor für Verkehrstechnik an der Universität der Bundeswehr München. Je mehr Fahrzeuge miteinander und mit der Infrastruktur kommunizieren, umso sicherer und effizienter wird das System. Die Autobahnen werden dafür zuerst technisch ausgerüstet sein. In den Innenstädten wird die Entwicklung zu smarten Straßen nach Meinung von Experten länger dauern. Der Grund: Es gibt dort mehr Interaktionen zwischen verschiedenen Verkehrsteilnehmern, von denen viele keine technische Anbindung haben. Ein Auto, dass vollkommen autonom fährt, muss Fußgänger und Radfahrer erkennen können. Auch bei intelligenten Verkehrssystemen steht Sicherheit an oberster Stelle. Die Infrastruktur an der Strecke fällt ebenfalls in einen Hochsicherheitsbereich. Die Herausforderung liegt hier in flächendeckenden und hochleistungsfähigen Funknetzen. Wer künftig in ein autonom fahrendes Auto steigt, das für seine Manöver auf der Strecke Daten sendet und empfängt, darf nicht durch Netzabbrüche gefährdet werden. Sonst kann der Abstand zwischen zwei Fahrzeugen gefährlich schrumpfen und ein Überholvorgang zu einer lebensgefährlichen Situation führen. Intelligente Verkehrssysteme müssen also sehr robust und datensicher sein. Sie sollten zudem über Ländergrenzen hinweg kompatibel sein, damit der Verkehr im Sinne der europäischen Freiheit rollen kann und nicht durch neue technische Grenzen eingeschränkt wird.

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