Unternehmensumfeld

Willkommen im New Normal

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2024

Ob hybrides Arbeiten, Vier-Tage-Woche oder ein nachhaltiges und gesundheitsförderndes Unternehmensumfeld – die junge Generation stellt ganz neue Ansprüche an die Arbeitswelt. Und sie hat die Macht, diese durchzusetzen.

Die Zukunft der Arbeit: Gleichgewicht zwischen Effizienz und Wohlbefinden.
Die Zukunft der Arbeit: Gleichgewicht zwischen Effizienz und Wohlbefinden. Foto: iStock / jacoblund

Den Fach- und Arbeitskräftemangel bekommen immer mehr Unternehmen, vor allem kleine und mittlere, zu spüren. So gaben in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable 49 Prozent der befragten deutschen KMU an, das Fehlen von geeignetem Personal habe bereits „eher starke“ oder sogar „sehr starke negative Auswirkungen“ auf den Geschäftserfolg. Nur 19 Prozent der Befragten verzeichnen keine negativen Auswirkungen. Besorgniserregend ist auch die Prognose: Jeder zweite Befragte geht davon aus, dass sich die Lage in den kommenden fünf Jahren noch weiter verschärfen wird (49 Prozent). Nicht nur in Deutschland, auch in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Österreich oder der Schweiz sind die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels gravierend. 

Um des Problems Herr zu werden und neue Mitarbeitende anzulocken und vor allem langfristig zu binden, nutzen viele Unternehmen bereits heute eine breite Palette an New-Work-Maßnahmen: So bezeichnen rund 33 Prozent der Befragten den Ausbau des Recruitings als essenziell für ihr Geschäft, und 26 Prozent setzen auf interne Kompetenz- und Wissenstransferprogramme. Ein weiterer Hoffnungsträger ist die Digitalisierung: Mehr als jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) hofft, den Herausforderungen durch den Fachkräftemangel mit Digitalisierung und Automatisierung beizukommen, 17 Prozent forcieren verstärkt den Einsatz von KI. Trotzdem: Ohne menschliche Mitarbeitende geht es in vielen Bereichen einfach nicht. Und so setzt jedes fünfte Unternehmen auf bessere Vertragskonditionen, darunter geben 22 Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher Branchengehälter und 20 Prozent das Angebot flexibler Beschäftigungsmodelle an.

Schlüsselfaktoren der Arbeitsplatzkultur

Der demografische Wandel und der daraus resultierende Arbeits- und Fachkräftemangel krempeln die Arbeitswelt komplett um. Denn während immer mehr Unternehmen händeringend nach neuen Mitarbeitenden suchen, was mit großem Zeitaufwand verbunden ist, um vakante Stellen zu besetzen, und dabei zu weit mehr Zugeständnissen bereit sind, sitzen vor allem die gut ausgebildeten Fach- und Nachwuchskräfte heute am längeren Hebel. Sie können den Unternehmen immer häufiger diktieren, wie sie arbeiten wollen. Und viele ihrer Forderungen sind durchaus sinnvoll, geht es doch oft darum, ein gesundheits- und sozialverträgliches Miteinander von Arbeit und Privatleben zu schaffen. 

So hat denn auch das international tätige Forschungs- und Beratungsinstitut Great Place to Work sechs Schlüsselfaktoren für die Arbeitsplatzkultur der Zukunft definiert. Wichtig dabei: Beim Wandel der Unternehmenskultur geht es nicht um simple Wohlfühlfaktoren, sondern um die Entwicklung neuer Arbeitsmodelle, die eine sinnstiftende Arbeitsplatzkultur ermöglichen. Denn eine solche sichert nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg.

So geht es Great Place to Work zufolge darum, dass zur Arbeitsplatzkultur Agilität und Flexibilität gehören. Statt an feste Bürozeiten und Orte gebunden zu sein, sollen Mitarbeitende ihre Arbeit nach ihren individuellen Bedürfnissen gestalten dürfen. Homeoffice-Optionen und hybrides Arbeiten, Workation und Sabbaticals schaffen mehr Freiheiten, mit denen sich Privat- und Berufsleben besser miteinander vereinbaren lassen. Gepaart wird das hybride Arbeiten mit den Möglichkeiten der Digitalisierung. Nicht nur lassen sich dank digitalen Tools neue Arbeitsmodelle etablieren. Auch werden zeitfressende und wenig sinnstiftende Routineaufgaben an automatisierte Prozesse abgegeben. Wichtig dabei: die Mitarbeitenden zu befähigen, mit den neuen digitalen Technologien umgehen zu können. 

Essenziell ist zudem die Förderung der psychischen und physischen Gesundheit der Mitarbeitenden. Dazu zählen auch Maßnahmen zur Stressreduktion oder Work-Life-Balance. Und auch der Nachhaltigkeit kommt immer größere Bedeutung zu. So wollen gerade die heiß begehrten hoch qualifizierten Nachwuchskräfte einen sinnstiftenden Job in einem Unternehmen, das Wert legt auf nachhaltiges Handeln und Wirtschaften. Und nicht zuletzt gelten Inklusion und Diversität als Erfolgsfaktoren: Unternehmen müssen heute die Potenziale sowohl von Babyboomern als auch von Millennials und der Gen Z erkennen und heben. Altersdiskriminierung, egal, in welche Richtung, hat keinen Platz mehr in einer aufgeschlossenen Firma. Genauso wenig wie Intoleranz. Respekt gegenüber allen kulturellen Werten und Lebensstilen, das Aufstellen von diversen Teams, in denen alle ihre individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten einbringen können, und die natürliche Inklusion aller Mitarbeitenden werden zu zentralen Faktoren für erfolgreiches Wirtschaften. 

Unternehmensumfeld: Keine Lösung von der Stange

So wird New Work mehr und mehr zum New Normal. Klar ist aber auch: Die Lösung von der Stange, ein „One size fits all“, funktioniert nicht. Die notwendige Transformation der Arbeitskultur kann nur gelingen, wenn die unternehmensindividuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden erkannt und in den Prozess eingebunden werden. Dadurch wächst die Bereitschaft, sich zu engagieren und somit das Unternehmen und dessen wirtschaftlichen Erfolg nachhaltig zu stärken.

Wichtig ist auch, neue Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitskultur agil einzuführen. Zielführend ist, mit kleinen Schritten zu beginnen, die die Führungskräfte und Mitarbeitenden nicht überfordern. Diese sollten in kurzen Intervallen auf den Prüfstand gestellt und, falls erforderlich, verbessert werden. Mit der Zeit, so die Erfahrung vieler „New Worker“, wachsen dann das Verständnis und das Vertrauen. Mitarbeitende wie Führungskräfte erleben die Vorteile und fassen so schrittweise immer mehr Fuß in der neuen Arbeitswelt. Denn klar ist: Jede Veränderung bedeutet auch die Chance, Neues und Positives zu schaffen.

Schon gewusst?

New Work bedeutet …

  • die gegenwärtigen Heraus-forderungen zielgerichtet zu adressieren.
  • nachhaltige Arbeit zu gestalten.
  • die Erwerbsarbeit bei Bedarf zu verändern.
  • Veränderungsprozesse zu begleiten.
  • eine wertschätzende Haltung, Kultur und Führung zu schaffen.
  • Beschäftigte zu fordern und zu fördern.
  • Bedürfnisse von Beschäftigten zu berücksichtigen.

Quelle: www.arbeitswissenschaft.net/fileadmin/Downloads/Angebote_und_Produkte/Zahlen_Daten_Fakten/ifaa_Zahlen_Daten_Fakten_New_Work.pdf; Zugriff: 21.11.2023

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